Einblick in die Brohler Firmengeschichte
Zum wiederholten Mal war es ein Anliegen des Brohler Hobby-Heimatforschers Werner Fußhöller die Geschichte seines Heimatortes nachhaltig festzuhalten und einem breiten Publikum zu präsentieren. Zu der Veranstaltung, unter dem Motto „Die 4 B`s“ konnte der Vorsitzender des Brohler Kulturverein, Helmut Rosenbaum, trotz vorausgegangener Unwetterwarnung, eine stattliche Zahl von Zuhörern im Bürgerhaus begrüßen. Darunter befanden sich auch einige ehemalige Mitarbeiter der Brohler Familienunternehmen Bröhl, Boltersdorf, Büntgen und J.B. Michiels. Rosenbaum freute sich, nunmehr nach einer langen Corona Abstinenz, dass derartige Veranstaltungen wieder möglich sind.
Fußhöller, welcher mehr als 50 Jahre in einer der Firmen in führender Position beschäftigt war, verstand es einen Einblick in die Entwicklungs- und Entstehungsgeschichte der Unternehmen zu vermitteln und darüber hinaus auch die einzelnen Betätigungsfelder, in gekonnter Weise in Wort und Bild zu präsentieren.
So war es bemerkenswert, was er über die „Schmied Büntgens“ zu berichten wusste. Bereits beim Bau der ersten Kapelle/Kirche im Jahr 1681 in Brohl, gehörten mit Heinrich und Wilhelm Büntgen, zwei Familienvorstände, mit zu den Erbauern, wie auf dem Stifterfenster, welches in der heutigen Pfarrkirche ausgestellt ist, zu lesen ist. Die „Schmied Büntgens“ waren über Jahrhunderte als exzellente Handwerker hochgeschätzt und der Umgang mit Feuer und Eisen war über Generationen ihr Metier.
Nachdem sich die erste Schmiede in der Trekkgasse (heutige Rheinstraße) befand, gewann man durch die spätere Umsiedlung Anfang des 19. Jh. an die Coeln-Coblentzer-Straße, große Bedeutung. Man erkannte schon früh den nicht aufzuhaltenden technischen Fortschritt in der Landwirtschaft und schaffte sich mit einer zusätzlichen Lohn-Drescherei, ein zweites Standbein. Ende der 60er Jahre des letzten Jahrhunderts erlosch ein ehemals großer Familienverbund im Mannesstamme.
Werner Fußhöller hatte seinen Beitrag, wie von ihm gewohnt, gut und stimmig recherchiert und Tochter Petra hatte den Bericht wieder durch eine Beamershow in Szene gesetzt.
Das nächste B war der Maschinenfabrik Bröhl gewidmet. Wer hätte die 133-jährige Firmengeschichte bis zur Insolvenz im Jahre 2018 besser darlegen können als der ehemalige Prokurist der Firma Bröhl. Die Produkte wie Pumpen, Hebeanlagen, Ankerwinden für Containerschiffe waren überwiegend für die Schifffahrt und Hochseeschifffahrt bestimmt und gingen in alle Welt wie es die in den Vortrag eingebauten Videos belegten. Auch die künstlichen Inseln vor Dubai wurden mit Pumpen aus Brohl aufgespült. In der Spitze betrug die Belegschaft über 140 Leute.
Auch wenn die Papierherstellung an der Brohl bereits 1791 erstmals Erwähnung fand, begann die Ära der Papierfabrik Boltersdorf, in Brohl nur B.dorf genannt, erst im Jahre 1919.
Der Firmengründer Josef Boltersdorf entstammte aus einer Papiermacher-Dynastie aus Kreuzau, im Tal der Rur. Hier war es ein Wilhelm Boltersdorf, welcher gemeinsam mit seinem Schwager Peter Strepp die von Tilman Strepp im Jahr 1772 gegründete Papierfabrik übernahmen und über mehrere Generationen weiter betrieben.
Es war eine niederländische Familie van der Muelen, welche Ende des 18. Jh., bedingt durch Vertreibung, in das freie Neuwied emigrierten. Sie war es, welche aus kleinen Anfängen – mit zwei Holländern und zwei Schöpfbütten – mit einer Produktion begannen. So wie der Bedarf von Papier an Menge und Vielfalt ständig stieg, wuchs auch die Papierherstellung auf der Brohl.
Für Josef Boltersdorf war die Übernahme des Betriebes alles andere als erfreulich. Nicht nur der verlorene I. WK erschwerten den Neustart, auch ein total überalterter Maschinenpark stellen ihn vor große Herausforderungen. Ferner litt der Betrieb in der Zeit des II. WK darunter „als nicht Kriegswichtig“ eingestuft zu sein. Mit Weitsicht entschied sich die Unternehmensführung Mitte des 20. Jh., neben der Papierherstellung, sich auch mit der Herstellung und Verarbeitung von Wellpappe, dem Verpackungsmaterial der Zukunft, zu beschäftigen. Eine Entscheidung, welche Richtungsweisend für die Zukunft sein sollte.
Hatte man der Papierherstellung auf der Brohl bereits 1996 Ade gesagt, stieß man bereits nach 50 Jahren mit der Kartonagen-Herstellung in Ahrbrück an seine räumlichen Grenzen. Man fand in Mayen einen neuen Standort, welcher auch heute noch viel Potenzial für weiteren Wachstum bietet.
Mit ihrem Slogan „Mit der Pappe auf der Erfolgsspur“, ist das Familien-geführt Unternehmen stolz, heute in 7. Generation, für über 630 Mitarbeitern, an sieben Standorten, eine Blattform zu bieten. Mit einer eigenen Familien-Charta „Zur Sicherung in die Zukunft“ hat die Unternehmensführung bereits die Weichen gestellt, auch in Zukunft zu den 50 ältesten Unternehmungen Deutschlands zu gehören. An den ehemaligen Standort erinnert nur noch der Firmenname.
Neben einem Videobeitrag über die moderne Herstellung von Wellpappe gab es noch das Imagevideo zu sehen, indem Max Boltersdorf, den heutigen Betrieb, und die ebenfalls weltweit vertriebenen Produkte vorstellte.
B Nr. 4 steht für die Firma J.B. Michiels. Der Firmengründer Jean Baptist, ein weitgereister Mann, hatte sich einige Lizenzen erworben. 1888 kaufte er Schloß Brohleck und kürte es zu seinem ersten Firmensitz. Später siedelte sich das Unternehmen „In der Mark“ an, wo es Edelstahlbehälter und Tanks jeglicher Art und Größe für Öl, Sirup etc. produziert und ebenfalls weltweit vermarktet. Nach dem frühen Tod durch Nachfolger Ulrich Liebsch wird die Firma durch die Brohler Familie Hermann Fuchs und seine Töchter fortgeführt.
Allen Firmen gemeinsam war und ist auch eine mitprägende Bedeutung der Familien für den Ort. Natürlich als Brötchengeber für die eigenen Mitarbeiter aber auch für die Nebenzweige die sich im um die Unternehmen herum ansiedelten. So gab es beispielsweise den Beruf des Lumpensammlers als Rohstofflieferant für die Papierindustrie, die Fuhrunternehmen die für das Transportwesen notwendig waren, die wiederum Handwerker wie Schmieden etc. benötigten und nach sich zogen.
Neben der Verantwortung für die Mitarbeiter spielten die Familien auch eine große Rolle im öffentlichen Leben. So stellten sie einige Bürgermeister und übernahmen wichtige Positionen im Gemeindewesen und Institutionen.
Bei seiner Betrachtung schloss Fußhöller auch die wirtschaftliche Entwicklung der letzten 120 Jahre im Bereich der sog. „Mark“, der Gewerbefläche zwischen Bahn und Koblenzer Straße, mit ein.
Neben den vielen Steinhauereien in diesem Bereich, mit teilweise bis zu 300 Wanderarbeitern, waren es Firmen, wie die Firma „Stephansdach“, welche mit ihren Dachkonstruktionen revolutionäres auf dem Bereich der genagelten Dachträger, recht erfolgreich waren. Neben der Rolandshütte, später der Brohler Metallgießerei, befand sich dort auch noch ein Sägewerk, die sog. „Holzschneiderei“. Das Dampfsäge-Werk führte als Spezialität Bauholz aus „bestem oberländischen Floßholz“, welches mit Flössen angelandet wurde.
Auch die Gebr. Johann und Jakob Nonn betrieben bereits 1912, an der Einmündung der Brohltalstraße in die Koblenzer Straße, ein Hoch- und Tief-Bau–Unternehmen, welches nach dem II. WK von J.E. Nonn, dem Sohn von Jakob Nonn, weitergeführt wurde.
Selbst ein heutiger Weltkonzern, das schweizerische Unternehmen Plüss – Staufer AG, hatte seine erste Deutschland-Niederlassung in der Mark. Man verarbeitete ab 1927 für die Dauer von 5 Jahren, in ihrem Mühlen-Betrieb ein Calcium-haltiges Gestein, welches aus der Champagne angeliefert wurde, zu Kreide-Mehl. Das Kreide-Mehl wurde zur Herstellung von Tafel-Kreide und zur Pigmentierung von Farben benötigt. Heute befindet sich das komplette Areal im Besitz eines jungen, mittelständigen Unternehmens.
Die heute auf dem Gelände ansässige Firma MST GmbH, Metall- und Schweißtechnik, ist vornehmlich, mit ca. 80 Mitarbeitern, europaweit als Dienstleister für die Großindustrie gefragt. Das Familien-geführte Unternehmen kann mit vollem Stolz auf einen großen Aufschwung in den letzten Jahrzehnten zurückblicken, wozu auch die Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter entscheidend beigetragen hat.
Werner Fußhöller und Tochter Petra wurden mit viel Applaus durch die Anwesenden und ein kleines Präsent durch den Vorsitzenden verabschiedet. Nicht ohne Hinweis auf die noch prall gefüllte Pipeline von Werner Fußhöller, auf dessen Vorträge wir auch in Zukunft bauen können.